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2024 SPRING

Den Ansichten einer Stadt auf der Spur

Der Illustrator Seol Dong-ju dokumentiert die Städte mit Fotos und Zeichnungen. Den Motiven, denen er auf seinen urbanen Streifzügen begegnet, verleiht er Ausdruck mit comichaftem Zeichenstrich. Das Buch Euljiro Collection (2020) zeugt von seinem ganz eigenen Blick und Feingefühl, mit dem es ihm gelingt, den Facettenreichtum des Seouler Stadtteils einzufangen.
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Kreuzung von Eulji-ro 3-ga. Seol Dong-ju. 2019. Stift auf Papier. 39,4 × 54,5 cm.



Betritt man Seols Studio in der Nähe des Seouler Hauptbahnhofs, fällt als erstes der schablonenartige Schriftzug „We live City We love“ auf, der perfekt zu seiner Arbeitsumgebung passt. Denn „Stadt“ und „Liebe“ sind die Schlüsselwörter, die seine Arbeit bestimmen.

„Ich liebe die Geborgenheit, die das Alte und Vergangene im Stadtteil Eulji-ro vermittelt, weshalb ich ihn oft besuchte.“ Vor einigen Jahren widmete er ihm ein ganzes Buch mit dem Titel „Euljiro Collection“. Durch die Bilder weht ein Hauch des längst Vergangenen, und man spürt die Wehmut über das, was bald für immer zu verschwinden droht. Abgerundet wird Seols Liebeserklärung an Eulji-ro durch Interviews mit Leuten der jüngeren Generation, die von der Koexistenz von Alt und Neu träumen und daher die Kultur ihres Viertels bewahren möchten. Aus diesen Aussagen schöpft der Künstler Hoffnung für „sein“ Eulji-ro.

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Bei den Zeichnungen von Seol Dong-ju geht es um das Festhalten von Stadtszenen. Seine präzisen, faszinierenden Illustrationen werden oft als „urbane Stillleben“ bezeichnet. Einige von ihnen wurden kürzlich in Japan in der Galerie other in Fukuoka und Wada Garou Tokyo ausgestellt.

Die Buchveröffentlichung liegt bereits einige Jahre zurück. Hatten Sie in der Zwischenzeit viel Kontakt zur Leserschaft?
Aufgrund des allgemein gestiegenen Interesses an Eulji-ro haben wohl auch viele mein Buch gelesen. Nach der Veröffentlichung hatte ich viele gute Gelegenheiten, mit neuen Menschen zusammenzuarbeiten. Aber Veranstaltungen wie Buchbesprechungen waren wegen der COVID-19-Pandemie leider nicht möglich.

Wie kamen Sie auf die Idee, Eulji-ro zu dokumentieren?
Vielleicht sollte ich mit meiner Kindheit im Viertel Yeomri-dong beginnen. Ich liebte seine verwinkelten Gassen mit den dicht an dicht gebauten Häusern, und auch heute sind sie mir in wundervoller Erinnerung geblieben. Einmal wollte ich einem Freund das Viertel zeigen, aber es waren bereits Abrissarbeiten zu Sanierungszwecken im Gange. Das machte mich traurig und ärgerlich. Warum hatte man denn keine Fotos oder Zeichnungen von der Gegend gemacht?

Dann, etwa 2017 oder 2018, hörte ich, dass Eulji-ro ein ähnliches Schicksal bevorstand. Ich kannte das Viertel gut und diesmal wollte ich auf meine Art so viele der mir lieb gewordenen Plätze wie möglich festhalten, bevor sich ihre Spur für immer verlaufen würde. So begann ich mit der Dokumentation von Gebäuden, für die der Abriss geplant bzw. schon im Gange war.

Das Buch enthält Interviews mit Einwohnern von Eulji-ro. Wie war die Reaktion von ihnen?
Manche der Personen im Buch kannte ich schon eine Weile. Da sie zuvor nie in den Medien gestanden hatten, fanden sie es aufregend, dass ihre Gesichter jetzt bekannt wurden. Einige zogen aus freien Stücken fort, während andere aufgrund bevorstehender Abrisse zu diesem Schritt genötigt waren. Komme ich heute nach Eulji-ro, suche ich stets die Hauptfiguren des Buches auf und erkundige mich nach ihrem Wohlergehen.

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Euljiro Collection (2020) zeigt Seols tiefe Zuneigung für das alte Stadtviertel. Das Buch enthält persönliche Fotos, Zeichnungen und Interviews mit Bewohnern des Viertels.
ⓒ Seol Dong-ju



Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Interviewpartner ausgewählt?
Pungnyeon Iyongwon ist ein derart alter Friseursalon, dass seine Geschichte selbst den Einheimischen nicht gut bekannt ist. Aber Name und Schild ist unverändert geblieben, obwohl die Besitzer mehrmals wechselten. Der Ace Four Club ist eine Cafébar, die durch Umbau einer 60 Jahre alten Teestube entstand. Ich wollte sowohl Alteingesessene als auch neu Hinzugezogene treffen und tiefgehende Gespräche mit Menschen aus verschiedenen Bereichen führen. Nur so schien es mir möglich, das ganze Spektrum des Viertels authentisch darzustellen.

Eulji-ro hat sich zu einem Hotspot entwickelt. Ihrem Buch konnte man Sorge diesbezüglich entnehmen.
Als ich an dem Buch schrieb, betrachtete ich die damaligen Veränderungen eher skeptisch. Doch jetzt kann ich ihnen auch Positives abgewinnen. Es ist auch begrüßenswert, dass mehr junge Leute kommen und das Geschäft beleben. Ich spüre Hoffnung, weil die Koexistenz von Alt und Neu dem Viertel eine besondere Lebendigkeit einhaucht.

Entdecke ich aber zu große Abweichungen vom ursprünglichen Eulji-ro, frage ich mich schon, ob das nicht zu weit geht. Ich bin immer hin- und hergerissen. Würde ich das Buch jetzt schreiben, sähe das Ergebnis daher ziemlich anders aus.

Wenn Sie dem Buch jetzt ein paar Zeichnungen hinzufügen könnten, welche wären das?
Stieg man früher auf das Dach des Sewoon Plaza, reichte der Blick vom Fluss Cheonggye-cheon bis zum Namsan Seoul Tower. Doch die vielen Neubauten haben das Antlitz des Viertels stark verändert. Ich sehe das zwar mit Wehmut, dennoch würde es mich reizen, einmal das Gesamtbild auf Papier zu bringen.

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Seol lädt Fotos auf seinen Computer und zeichnet sie per Hand nach. Notizbuchgroße Zeichnungen dauern in der Regel ein paar Stunden, größere Werke mehrere Tage.

Wie wählen Sie die Figuren und Szenen für Ihre Bilder aus?
Es freut die Leute, Individuen in einer Menschenmenge zu entdecken und sich ihre persönliche Geschichten vorzustellen. So wie bei dem Bild von der Nogari-Gasse (Nogari: junge Pollack-Fische). Ist es nicht lustig, wie all die Menschen verschiedenen Alters, unterschiedlicher Kleidung und Berufe dasselbe Essen genießen? Bei genauem Hinsehen entdeckt man Paare bei einem Date und Reisende aus aller Welt. Irgendwo im Bild habe ich mich sogar selbst versteckt.

Anfangs wollte ich lediglich durch schön gezeichnete Stadtansichten Eindruck schinden. Doch langsam packte mich der Ehrgeiz, die Leserschaft emotional auf mehreren Ebenen anzusprechen. Deshalb achte ich immer ganz genau darauf, wie ich die Menschen in meinem Motiv darstelle. Dabei variiere ich jedes Mal ihre Anzahl und den Ort, wo ich sie platziere.

Warum bezeichnen Sie sich als „City Trekker“?
Neben Eulji-ro habe ich auch Städte wie New York, Tokio und Fukuoka gezeichnet. Außerdem ist Paris seit jeher ein Sehnsuchtsort von mir, den ich gerne bald mittels meiner Bilder und Fotografien einfangen möchte. Bei meinen Stadterkundungen geht es mir um das Festhalten von kleinen, aber feinen Momenten. Sie mögen trivial daherkommen, erzählen aber doch eigentlich von uns selbst. Zusammengenommen sind sie das, was unser Leben ausmacht.

Möchten Sie abschließend noch etwas sagen?
Für alle, die nach Eulji-ro kommen, ist auch ein Spaziergang durch umliegende Viertel wie Dongdaemun, Jong-ro und Chungmu-ro zu empfehlen. Das sind alles faszinierende Stadtteile.

 



Nam Sun-woo Journalistin, CINE21
Fotos Heo Dong-wuk

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