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People

2023 SUMMER

Ein feministisches Narrativ als Changgeuk

Das erste Aufführungsstück des Jahres der National Changgeuk Company of Korea war die Adaption des Webtoons Jeong-nyeon. Schon vor der Premiere war das Interesse an der Umsetzung des beliebten Webtoons in ein Changgeuk groß gewesen und sein Erfolg versprach weitere Möglichkeiten für Changgeuk.

Der Webtoon Jeong-nyeon gab dieses Jahr die Grundlage für ein furioses Comeback einer Gukgeuk-Form, die vor Jahrzehnten weiblichen Darstellerinnen eine Nische in der Männerdomäne der Gesangskunst geboten, einen kometenhaften Aufstieg erlebt und dann ein jähes Ende gefunden hatte.
© National Theater of Korea


Das im März diesen Jahres aufgeführte Stück Jeong-nyeon war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Bereits zwei Monate vor der Premiere, noch vor Bekanntgabe der Besetzung, war es ausverkauft. Selbst für die drei Zusatzvorstellungen gab es keine Plätze mehr.

Das große Interesse an dem Stück ist zunächst auf das hervorragende Original zurückzuführen. Der gleichnamige Webtoon, von Suh Iireh geschrieben und von Namon illustriert, behandelt die Coming-of-Age-Geschichte eines Mädchens, das in den 1950er Jahren dafür kämpft, sich beim Frauen-Gukgeuk, einem auch „Changgeuk“ genannten traditionellen Musiktheatergenre mit reinem Frauen-Ensemble, hervorzutun. Der Webtoon gewann 2019 den Preis „Our Manhwa of Today“ vom Ministerium für Kultur, Sport und Tourismus, und im Folgejahr den Preis für den kulturellen Inhalt des Jahres zur Gleichstellung der Geschlechter. Neben der künstlerischen Anerkennung sorgte auch die Tatsache für Gesprächsstoff, dass erstmals ein Webtoon für ein Changgeuk umgesetzt wurde.

Doch am meisten begeistert haben dürfte, dass die beliebte Pansori-Sängerin Lee Ja-ram mit der musikalischen Gestaltung betraut wurde und ihr die aus anderen Produktionen gut bekannte Nam In-woo als Regisseurin zur Seite stand. Auch, dass sich die National Changgeuk Company of Korea, die sich bisher mehr mit Stoffen griechischer Tragödien oder der Peking-Oper beschäftigt hatte, an die Wiederbelebung des Gukgeuk wagte, ist bemerkenswert.

Eine kurze Blütezeit

Der Webtoon Jeong-nyeon, von Suh Iireh geschrieben und von Namon illustriert, erschien zwischen April 2019 und Mai 2022 auf der Plattform Naver Webtoon. Das Werk erhielt viel Lob hinsichtlich seines feministisch orientieren Narrativs.
© National Theater of Korea

Zum vollständigen Genuss des Werkes bedarf es Kenntnisse über Changgeuk und Frauen-Gukgeuk. Mit „Changgeuk“ bzw. „Gukgeuk“ bezeichnet man ein Musiktheater, das auf Pansori basiert. Anders als im Pansori, wo eine Person mehrere Rollen spielt, übernimmt hier eine Sängerin bzw. ein Sänger jeweils nur eine Rolle. Das Frauen-Gukgeuk erlebte in den 1950er Jahren seine Blütezeit. Es war zwar auch ein Changgeuk, hob sich aber durch eine rein weibliche Besetzung, ein breiteres Repertoire und eine weitaus populärere Musik von anderen ab. Ihr großer Kassenerfolg hing mit den Begeisterungsstürmen für die Schauspielerinnen, die in Männerrollen schlüpften, zusammen. So waren es v. a. weibliche Fans, die sie mit Geschenken überhäuften, ihnen Briefe mit dem eigenen Blut schrieben, Heiratsanträge machten und sogar versuchten, sie zu entführen.

Das Frauen-Gukgeuk etablierte sich, als dreißig der besten Sängerinnen der damaligen Zeit, darunter Park Rok-ju und Kim So-hee, 1948 den Frauen-Gugak-Club (Gugak: traditionelle koreanische Musik) gründeten. Indem diese Frauen eine Bühne für sich allein schufen, widersetzten sie sich der männerdominierten Welt der traditionellen Musik. Und schon mit der Gründungsaufführung von Okjunghwa (Blume im Gefängnis) war ihnen große Beliebtheit beschienen.

Der Mainstream der traditionellen Musik blickte jedoch nicht wohlwollend auf das Frauen-Gukgeuk. Es wurde als vulgär und minderwertig abgetan. Mit der Verbreitung von Film und Fernsehen in den 1960er Jahren ging die kurze Blütezeit zu Ende, auch deshalb, weil es nicht in die staatlichen Schutz- und Pflegemaßnahmen der traditionellen Künste aufgenommen wurde.

Das Spiel im Spiel

Das Frauen-Gukgeuk war an sich die Verkörperung des bewegten Lebens der Frauen der Moderne und zugleich die von ihnen mit größten Anstrengungen erbrachte Leistung. Es stellte einen Sieg im Kampf gegen die Männer, die sie klein halten wollten, dar, einen Sieg für eine eigene Stimme, einen eigenen Namen und den ihnen gebührenden Platz. So ist Jeong-nyeon eine Hommage an eine bedeutungsvolle Geschichte aus nicht allzu ferner Vergangenheit.

Höhepunkte des Changgeuk Jeong-nyeon sind auch die Aufführungen der Maeran Truppe von Frauen-Gukgeuk-Stücken wie Chunhyangjeon und Jamyeonggo, die früher große Popularität genossen hatten. Zu sehen ist die Protagonistin Yoon Jeong-nyeon in ihrer ersten Rolle als Bang-ja in Chunhyangjeon.
© National Theater of Korea

Das Stück komprimiert die 137 Episoden des Webtoons auf etwas mehr als zwei Stunden, wobei es zwar zu Auslassungen kommt, die Botschaft des Originals aber nicht verfremdet wird. Die Protagonistin Jeong-nyeon, die Tochter einer zurückgezogen lebenden Meister-Sängerin, schließt sich in Seoul der größten Theatertruppe des Landes, der Maeran Gukgeuk-Truppe, an. Die Geschichten, die sich von nun an zwischen ihr und den anderen Mitgliedern der Truppe ereignen, erzählen von Liebe, Freundschaft und dem Mut, sich seinem Schicksal zu stellen.

Dabei handelt es sich nicht um eine Heldengeschichte im üblichen Sinne mit nur einem Sieger. Keine der Figuren setzt gegen die Konkurrenz ihre Ellenbogen ein, oder versucht, andere zu hintergehen. Sie sind sich selbst die größten Kritikerinnen, und tun alles dafür, die Theatertruppe am Leben zu halten. Es wird ersichtlich, welchen Schwierigkeiten sie sich stellen müssen, um ihren eigenen Weg gehen zu können, und wie wichtig dabei der Zusammenhalt unter den Frauen ist.

Die Hauptfigur Yoon Jeong-nyeon erzählt einer Pansori-Meisterin eindringlich von ihrem Traum, eine erfolgreiche Frauen-Gukgeuk-Schauspielerin zu werden.
© National Theater of Korea

Höhepunkte des Changgeuk Jeong-nyeon sind auch die Aufführungen der Maeran Truppe von Frauen-Gukgeuk-Stücken wie Chunhyangjeon und Jamyeonggo, die früher große Popularität genossen. So wird das Publikum von Jeong-nyeon praktisch auch zum Publikum der Maeran Gukgeuk-Truppe. Auf diese Weise wird die Geschichte wieder zum Leben erweckt – und das Publikum erlebt sie mit. Möglich gemacht wird dies nicht zuletzt auch durch die großartigen Darsteller des National Changgeuk Company of Korea.

Klänge auf hohem Niveau

In dem Stück spielt die Musik eine ebenso wichtige Rolle wie die Handlung. Die Pansori-Künstler schaffen neue Musikstücke auf Grundlage traditioneller Rhythmen und Tonleitern, die sie sich über lange Zeit erworben haben. Dieser Schöpfungsakt wird „Jakchang“ genannt. Jede neue Geschichte, die heute mit Pansori erzählt werden soll, braucht Jakchang und sein Niveau ist entscheidend für das des Werks.

Jakchang ist ein Prozess der Erforschung, Dekonstruktion und des Wiederaufbaus der langen Geschichte des Pansori. Dabei lässt sich ein Bezug zur Gegenwart herstellen. Somit wird den Geschichten unserer Zeit eine eigene Stimme geben. Musikdirektorin Lee Ja-ram präsentierte mit dem Stück eine Musikvielfalt, die sich freimütig bei dem großen Erbe des Pansori bedient den Textinhalt auf spannend-theatralische Weise vermittelt und den vollen Genuss der Sprache ermöglicht. Sie will offenbar Pansori nicht im traditionellen Rahmen eingeschlossen halten, sondern zu einem zeitgenössischen Genre machen.

Das totgeglaubte Frauen-Gukgeuk wurde seit 2000 von vom Feminismus inspirierten Künstlerinnen in verschiedenen Formen wieder ausgeführt. Dank der Popularität des Webtoons folgte nun die Adaption als Changgeuk. Das Frauen-Gukgeuk, das als Widerstand gegen Männerdominanz begann, hat also die Zeit überdauert und wurde mit einer eindringlichen Frauengeschichte selbstbewusst auf die Bühne gebracht.

Seong Hye-inMusikkritikerin

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